Bierbrauen ist nicht nur Männersache: Hütt Brauerei hat erste Frau als Auszubildende
Sonntag, den 23. April 2023
Das vermeintliche Männergetränk wird bei Hütt nun auch von einer Frau gebraut. Wir stellen die erste Brauer-Auszubildende in dem Traditionsbetrieb vor.
Baunatal – Auf dem Brauerei-Gelände riecht es nach Grillgut, als Emmi Lange bei einer Tour durch die Anlagen führt. Wo der Geruch herkomme, fragt Sven Weyh, zuständig für den Vertrieb bei Hütt. „Die Kollegen grillen, hoffentlich bleibt noch ein Würstchen für mich übrig“, sagt Lange grinsend. Sie ist 20 Jahre alt und macht eine Ausbildung zur Brauerin und Mälzerin in der Hütt Brauerei an der Knallhütte in Rengershausen. Seit der Gründung vor 271 Jahren ist sie die erste Frau, die bei Hütt diesen Karriereweg einschlägt.
„Wenn jemand fragt, ob du die Hopfenpellets probieren möchtest – nein“, sagt Lange und lacht. „Das ist ein Gag unter Brauern“, fügt sie hinzu. Emmi Lange zeigt die verschiedenen Gerätschaften, darunter die Maischpfanne, der Läuterbottich oder der Whirlpool, die die einzelnen Stationen beim Brauen darstellen. Sie erklärt die Abläufe, kennt die Vorgänge, fühlt sich sichtlich wohl.
Seit August vergangenen Jahres macht Emmi Lange die Ausbildung. Nach dem Abitur, dass sie in ihrer nordhessischen Heimat Edermünde- Besse machte, war ihr zunächst nicht klar, welchen Beruf sie erlernen möchte. Ihrem Onkel kam die entscheidende Idee. „Er hat mir von der Ausbildung bei Hütt erzählt. Nachdem ich mir im Internet durchgelesen habe, was man in dem Beruf macht, hat mich das nicht mehr losgelassen“, sagt sie.
Biologie, ein großer Teil der Brauerei, fand Lange schon immer interessant, doch die Kombination mit dem Bier als Lebensmittel habe sie endgültig überzeugt.
Während des Gesprächs schwärmt die 20-Jährige vom Flaschenkeller, auch das Sudhaus findet sie toll. „Das ist doch so cool alles“, sagt sie immer wieder. Die Ausbildung sei ein guter Mix aus Theorie und Praxis. An der Berufsschule in Karlstadt (Bayern) hat sie alle vier Wochen Blockunterricht. Hierbei genieße sie vor allem den Kontakt mit den anderen Auszubildenden, die aus den unterschiedlichsten Brauereien Deutschlands dort anreisen.
Unter 45 Teilnehmern gibt es auch dort nur neun Frauen. „Wir sind vielleicht weniger, aber nicht schlechter“, sagt die angehende Brauerin entschlossen. Woran es liegt, dass in den Brauereien bisher überwiegend Männer beschäftigt seien? Wahrscheinlich, weil Bier seit jeher vermeintlich ein Getränk für Männer ist, sagt Sven Weyh. „Dabei ist das eigentlich Frauensache“, erwidert Lange. „Die Bierbrauerei fand in ihren Anfängen in Küchen zuhause statt. Da standen die Frauen am Herd, nicht die Männer“, erklärt sie.
Die 20-Jährige kann sich in der Männerdomäne der Bierbrauer und -mälzer deutlich behaupten. Anfangs habe sie Bedenken gehabt, nicht akzeptiert zu werden. Die Angst ist dann aber blitzschnell verflogen. „Hier wird nicht zwischen Auszubildenden und Gesellen unterschieden und schon gar nicht zwischen Mann und Frau“, berichtet sie. Die Arbeit in der Brauerei erscheint bei Langes Erzählungen sichtlich familiär. „Mein Kollege Staff sagt immer, er ist mein Opa und ich bin seine Enkelin“, sagt sie lachend. An der Arbeit habe sie in den vergangenen Monaten schon gelernt, dass vieles über Computer betrieben und gesteuert würde. „Es geht aber nicht alles über PCs, wir müssen auch körperlich aktiv werden und an die Anlagen ran. Da ist immer noch sehr viel Handwerk bei“, sagt sie.
Hopfenpellets geben die Brauerei-Mitarbeiter selbst hinzu, auch Wasser- und CO2-Mengen müssten eigens reguliert und eingestellt werden. „Wir kontrollieren die Ventile, starten und stoppen viele Vorgänge selbst“, sagt Lange. Wenn man einen Fehler mache, müsste im schlimmsten Fall der ganze Sud weggekippt werden. „Das ist mir zum Glück noch nicht passiert. Aber ich habe mal eine Kiste Bier hingeschmissen“, sagt sie. Vorsicht und überlegtes Handeln seien in ihrem Beruf wichtig, damit alle Abläufe reibungslos klappen.
Lange bekommt umfängliche Unterstützung, auch aus ihrem privaten Umfeld. „Die meisten freuen sich sogar noch mehr als ich“, sagt sie. Die 20-Jährige grinst über beide Ohren. Für die Zukunft wünscht sie sich, dass es genauso weitergeht, wie es angefangen hat.
Nach ihrer Ausbildung möchte sie Brautechnologie studieren, da gehe es auch auf biologischer Ebene nochmal ans Eingemachte. „Wenn man etwas verstehen will, dann richtig“, sagt sie. Ob sie danach wieder zu Hütt zurückkommen möchte? „Auf jeden Fall“, da ist sie sich sicher.
Quelle:
HNA Kassel / Baunatal - Jenny Breiding
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